Rennbericht Ironman WM Nizza

Die Ironman Weltmeisterschaft in Nizza, ein Rennen auf das ich mehrere Jahre hingearbeitet habe, fand am vergangenen Sonntag statt.

Nachdem der gute Saisonaufbau von einem Radsturz vor dem Ironman Frankfurt torpediert wurde, konnte ich in der folgenden kurzen Vorbereitung auf Nizza aber nochmals in allen Disziplinen zulegen. Ich reiste mit meiner Familie am Dienstag vor dem Rennen an. Anders als man das vielleicht von Hawaii kennt, waren wir wohl noch eine der Ersten, denn vom Ironman-Trouble war in der Stadt noch nicht viel zu spüren. Hängt vermutlich auch damit zusammen, dass Nizza von uns aus in 7-8 Stunden mit dem Auto erreichbar ist und kein Jetlag und keine deutlich anderen klimatischen Verhältnisse warten.

Am Mittwoch schlenderten wir dann über die Ironman-Expo und ich holte meine Startunterlagen ab. Trainingstechnisch stand wie immer in der Wettkampfwoche immer nur noch kurze Einheiten auf dem Programm und der Fokus lag auf der Erholung um die nötige Frische für das Rennen zu bekommen.

In den folgenden Tagen fuhren wir dann noch die sehr anspruchsvolle Radstrecke mit 2450hm ab. Mit dem Auto waren wir schon gut drei Stunden in den Bergen um Nizza unterwegs. So konnte ich mir schon einen guten Rennplan zurecht legen. Gerade auf den Abfahrten zeigte sich, dass wenn man weiß, wie es hinter den Kurven aussieht, man deutlich schneller vorwärtskommt, da man teilweise Vollgas durch kurvige Passagen durchkommt, die nicht einsehbar sind.

Am Samstag standen vor dem Bike Check-in noch die üblichen Aktivierungs-Einheiten an und ich fühlte mich mehr als bereit für den folgenden Tag. Der Check-In ging zügig und beim Verlassen der Wechselzone traf ich noch auf den zweifachen Weltmeister Patrick Lange und wünschte ihm viel Glück für den morgigen Tag.

IMWC Nizza 2023 - PreStart
IMWC Nizza 2023 - PreStart
Patrick Lange IM WC Nizza

Am Rennmorgen klingelte der Wecker um 4 Uhr. Drei Stunden später sollte für meine Altersklasse der Startschuss fallen. Nach dem üblichen Frühstück mit Toastbrot und Kaffee, präparierte ich noch meine Verpflegung, ehe es dann den kurzen Fußweg Richtung Wechselzone ging. Wir hatten ein Hotel, dass etwa 500m von der Wechselzone weg war, was uns eine entspannte Rennwoche bescherte, da alle Aktivitäten in wenigen Fußminuten erreichbar waren. In der Wechselzone, klickte ich meine Radschuhe in die Pedale, platzierte meine Verpflegung und pumpte nochmal die Reifen auf und warf ein letzten Blick auf das Material - ich war ready! Ich verabschiedete mich von meiner Familie und machte mich auf in den Vorstart-Bereich. Als erste Agegroup nach den Profis konnte ich aus erster Reihe den Start der Profis mitverfolgen und mich noch etwas warm machen. Da das Mittelmehr 24.8 Grad warm war, ging es ohne Neo auf die 3,8 Kilometer in der Bucht von Nizza. Um 6:58 Uhr sollten wir dann ins Wasser, da nicht wie üblich von Land, sondern mit einem Wasserstart ins Rennen gestartet wurde.

Um 7 Uhr ging es dann los. Erstaunlicherweise lief der Start ohne das übliche Gehaue ab und anders als noch im Breisgau vor 3 Wochen konnte ich direkt mit der Spitze mit schwimmen. Nach einigen 100 Metern lösten sich vorne ein paar ganz schnelle Jungs. Ich konnte mich aber in der ersten größeren Verfolgergruppe halten.
Nach einem U von 1,9km ging es im Wasser um zwei Wendebojen, ehe noch ein U geschwommen werden musste. Hier brach durch unterschiedliche Schwimm-Routen die große Gruppe etwas auseinander und ich war kurze Zeit irgendwo im nirgendwo. Die aufgehende Sonne und die Wellen erschwerten die Sicht auf die nicht besonders gut sichtbaren Bojen und ich verlor etwas Zeit. Ich investierte ein paar extra Körner um wieder in eine Gruppe rein zuschwimmen mit der ich dann auch, nach ziemlich genau einer Stunde, das Wasser in Richtung Wechselzone verlies. Nach der verletzungsbedingten dreiwöchigen Schwimmpause im Juni, war ich mit der Zeit ohne Neo relativ zufrieden, mit Ausnahme des kleinen Faux-Pax an der Wendeboje.

IMWC Nizza 2023 - Bike
IMWC Nizza 2023 - Bike
IMWC Nizza 2023 - Bike

In der Wechselzone schnell den Speedsuit abgezogen, Helm aufgezogen und dann ab zum Rad. Ich grüßte kurz meine Familie, die direkt am Zaun von meinem Rad stand. Es folgte ein langer Zwischensprint durch die fast 1km lange Wechselzone aufs Rad.

Die ersten 10 Kilometer ging es flach raus aus der Stadt in Richtung Flughafen mit einem 42er Schnitt. Ich fühlte mich gut und fand direkt meine Race Pace. Nach zwei kurzen steilen Rampen ging es bis Kilometer 40 moderat immer wieder ein kleines  Stück höher, ehe es dann in den Rund 20km Anstieg zum Nizza Col de l’Êcre ging. Im Verlauf merkte ich bereits, dass ich mich anders wie in den Minuten zuvor sehr schwer tat und meine Beine nicht mehr so wollten, obwohl ich mich eher zurück gehalten habe, da ich mir Körner für den zweiten Anstieg sparen wollte. Zeitgleich streikte auch mein Leistungsmesser am Rad, der auch trotz Hard-Reset sich nicht mehr reaktivieren lies. Die bis dahin gute Stimmung kippte ein wenig.
Mit positiven Gedanken und guter Verpflegungstrategie kämpfte ich mich Richtung Plateau bei Halbzeit der Strecke. Nach einem 5 Kilometer langen out & back Stück fühlte ich mich nach 100 Kilometern aber schon so, als hätte ich den Marathon schon hinter mir. Ich fühlte mich zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Rennen bereits völlig leer und verstand die Welt nicht mehr. Ich kämpfte mich bis zur ersten längeren bergab Passage, ehe es bei etwa Kilometer 130 nochmals einen längeren Anstieg zu bewältigen gab. Hier überholten mich Athleten mit doppelter Geschwindigkeit und fragten mich teilweise, ob alles in Ordnung sei. Hier wusste ich schon, dass definitiv irgendwas nicht in Ordnung ist. Das Rennen war zu dem Zeitpunkt eigentlich schon gelaufen. Ich konnte mich mit Mühe und Not zur letzten Abfahrt bei Kilometer 140 schleppen. Das war Mental zumindest ein gutes Zeichen, da es von dort erst 30 Kilometer technisch den Berg runter ging und dann die letzten Kilometer flach in die Stadt rein. In den Serpentinen verlor ich nicht mal allzu viel Zeit, da ich scheinbar besser abgefahren bin als die meisten Mitstreiter. Im Flachstück konnte ich dann aber kein Druck mehr aufs Pedal bringen und rollte mehr in die Wechselzone als aktiv zu fahren. Kurz vor dem Abstieg sah ich meine Familie, die mir mental nochmal etwas Auftrieb gab, es wenigstens mit dem Laufen zu probieren. Hier war allerdings mehr Wunsch als Realität im Spiel.

Nach einem gefühlt stundenlangen Wechsel wackelte ich aus der Wechselzone. Mir war sofort klar, dass die allgemeine Verfassung auch beim Laufen nicht besser werden wird. Schon mit deutlich angepasstem Rennplan konnte ich eine sehr moderate Pace von 5min/km nicht halten. Auch eine Minute langsamer hielt nicht lange, ehe ich nach bereits zwei Kilometern die ersten Schritte gegangen bin. Auf den folgenden Kilometern versuchte ich immer wieder anzulaufen um irgendwie ein Tempo zu erreichen, was für längere Zeit machbar ist. Aber ich fühlte mich so dermaßen ausgenockt, dass ich am Ende der ersten Laufrunde bei meiner Familie anhielt und nach einer kurzen Diskussion das Rennen dann nach einer Runde aufgab

Ich bin absolut kein Freund von DNF und machte es mir nicht leicht nach 15 Triathlon Jahren, dass erste Mal ein Rennen nicht zu beenden. Aber es war offensichtlich, dass ich mir keinen Gefallen tun würde noch rund 6 Stunden bei über 30 Grad an der Strandpromenade entlang zu wandern. Ich konnte mir bis dahin aber noch nicht erklären, warum es so kam wie es kam. Bis zu dem Zeitpunkt als ich mich schlecht fühlte, fuhr ich eher noch mit angezogener Handbremse und die Verpflegung lief wie geplant.
In der darauffolgenden Nacht wachte ich dann mit Schüttelfrost und Schweiß gebadet auf und hatte Kopfschmerzen, als hätte mir jemand eine Brechstange über den Kopf gezogen. Seitdem kämpfe ich immer noch mit Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen …Ein Corona-Test nach Ankunft zuhause war negativ. Was auch immer es war/ist, irgendein Infekt scheint wohl schon im Rennen in mir gesteckt zu haben. Das Ganze passt irgendwie zu der sehr durchwachsenen Saison 2023. Wie es weiter geht wird sich zeigen. Aktuell ist auf jeden Fall an Training nicht zu denken.