Am Sonntag stand endlich das Rennen des Jahres an. Nach 2023 ging es erneut in Nizza um den Weltmeistertitel auf der Langdistanz.
Die drei Wochen nach dem Rennen in Uster vergingen wie im Flug. Bereits am Mittwoch vor dem Wettkampf kamen wir in Nizza an und bezogen erst mal ein kleines Ferienhaus in der Altstadt, unser zu Hause für die kommende Woche. So waren wir nur wenige Schritte von der Promenade des Anglais entfernt, wo am Wochenende das Rennen stattfinden sollte. Der erste Sprung ins warme Mittelmeer zeigte mir sofort, dass ich den Neoprenanzug eigentlich hätte zu Hause lassen können. Die letzten Vorbereitungen liefen vielversprechend und am Samstag stand dann der Bike-Check-in an.
Am Rennmorgen wurde ich von der Nachricht geweckt, dass die Wassertemperatur zu hoch sei und ein Neoverbot gelte. Für mich war das ein guter Start – ich schwimme bei warmen Temperaturen ohnehin lieber ohne Neo. Da meine Altersklasse erst als drittletzte Gruppe startete, war der Start ungewöhnlich spät. Bei den letzten Vorbereitungen am Rad und dem richten für den Start kam keinerlei Hektik auf – ich freute mich einfach auf den Tag.
Um 7:38 Uhr fiel der Startschuss für meine Startgruppe. Es gab nur wenig Kontakt mit den Mitstreitern und nach wenigen hundert Metern hatte sich ein erster Zug gebildet. Doch gerade als sich ein Rhythmus einstellte, schwammen wir bereits auf die ersten Athleten der vorherigen Startwellen auf. Ab da war es ein ständiges Umschwimmen von langsameren Teilnehmern. Bis zum Ausstieg überholten wir noch Athleten, die bis zu 30 Minuten vor uns gestartet waren – was ziemlich mühsam war.
Dazu kam ein ordentlicher Wellengang und den ein oder anderen Schluck Meerwasser nahm ich unfreiwillig zu mir. Nach 1:02 h ging es raus aus dem Wasser die steile Rampe hoch zur Wechselzone. Unter den Bedingungen war ich mit der Zeit zufrieden und freute mich aufs Radfahren.
Da das Wechselzelt völlig überfüllt war und Athleten sogar anstehen mussten, zog ich meinen Schwimmanzug kurzerhand draußen vor dem Zelt aus, schnappte mir den Helm und kämpfte mich dann durch das Zelt in Richtung Rad.



Radfahren
Beim Radaufstieg hieß es erneut: Überblick behalten und ein freies Fleckchen finden, um schnell aufs Rad zu kommen. Noch immer war es sehr voll auf und neben der Strecke. Nach ein paar Kilometern Richtung Flughafen ging es schon nach etwa 10 Kilometern in den ersten Anstieg des Tages.
Von dort an hieß es bis zur Streckenhälfte praktisch nur: Klettern, klettern, klettern. Zeitweise blies ein kräftiger Gegenwind, der im späteren Verlauf des Rennens noch Probleme machen sollte.
Nach 90 Kilometern auf dem Plateau zeigte mein Garmin genau die Werte, die ich mir vorgenommen hatte. Mit über 2000 Höhenmetern war der Großteil der Kletterarbeit geschafft. Auf den folgenden Kilometern konnte ich gut Druck aufs Pedal bringen und fühlte mich stark – bis es ab Kilometer 120 in die erste längere Abfahrt ging.
Hier zeigte sich deutlich, wer öfter in den Bergen trainiert und wer eher aus dem Flachland kommt. Bei manchen Mitstreitern musste man höllisch aufpassen, nicht abgeräumt zu werden. In den berühmten Felsentunneln sah ich leider auch einige schwere Stürze.
Nach einem kurzen Gegenanstieg kamen die letzten Höhenmeter zusammen, bevor die lange Abfahrt zurück nach Nizza begann. Ich ging nach den gesehenen Stürzen kein großes Risiko ein, konnte aber dennoch konstant Athleten überholen. Nach über fünf Stunden waren die letzten gut 15 Kilometer der mit über 2500 Höhenmetern gespickten Strecke erreicht.
Am Flughafen vorbei wehte der Wind Richtung Stadt wieder kräftig vom Mittelmeer her. Trotz 180 km und der vielen Höhenmeter fühlte ich mich energetisch stark und bereit für den abschließenden Marathon.
Der zweite Wechsel und der Marathon
Beim Abstieg an der Promenade des Anglais kam jedoch der Schock: Ich hatte erhebliche Probleme, in die Streckung zu kommen und konnte kaum ein Bein vors andere setzen. In gebückter Haltung schlürfte ich in die Wechselzone. Erst nach dem Wechsel in die Laufschuhe und kurzen Dehnübungen des Rückens konnte ich den Marathon beginnen.
Zwar spürte ich weiterhin eine starke Spannung im Rücken, fand aber mein Renntempo und hoffte, dass es nach ein paar Kilometern besser werden würde. Die Laufstrecke war flach und bestand aus vier Runden hin zum Flughafen und zurück in die Stadt.
Doch bereits vor dem U-Turn am Flughafen musste ich erneut anhalten und versuchen, die Rückenspannung in den Griff zu bekommen – diesmal ohne Erfolg. Dazu kamen Beine, die sich immer schwerer anfühlten. Vermutlich führte mein „krummer Laufstil“ durch die Rückenprobleme zusätzlich zu müden Beinen. Das war besonders bitter, da ich mir gerade im Laufen dieses Jahr einiges ausgerechnet hatte.
Am Ende der ersten Runde gab mir meine Familie – vor allem das Strahlen meiner beiden Kinder – wieder Mut für die nächsten Kilometer. Doch auch in Runde zwei konnte ich nicht zulegen und ich fürchtete schon, dass die zweite Marathon-Hälfte zu einem Wandertag werden könnte.
Zum Glück wurde ich in der dritten Runde nicht langsamer und konnte wenigstens das langsame Tempo halten. Die letzte Runde zog sich dennoch wie Kaugummi. Neben dem schmerzenden Rücken und schweren Beinen machte nun auch mein Magen langsam schlapp. Mit kleinen mentalen Tricks wie „nur noch die halbe Hausrunde“ oder „das sind nur noch 5 km von Ort XY nach Hause“ hielt ich mich in Bewegung.
Zieleinlauf und Fazit
Nach 3:50 h Marathon bog ich schließlich auf die Zielgerade ein und konnte nach insgesamt 10:40 h die Ziellinie überqueren – erschöpft, enttäuscht aber auch froh es ins Ziel gebracht zu haben. Ob ich mit der Leistung zufrieden bin, kann ich heute noch nicht endgültig sagen. Das Schwimmen war unter den schwierigen Bedingungen in Ordnung und auf dem Rad habe ich mein geplantes Ziel exakt erreicht. Nur die Laufleistung entsprach leider nicht meinen Erwartungen. Dass ich mich dennoch ins Ziel geschleppt habe, lässt das Ganze am Ende etwas positiver erscheinen.
In den letzten Jahren wusste ich nach dem Saisonabschluss meistens schon, wie es im kommenden Jahr weitergeht. Dieses Mal ist das anders.

